Mamaaaa!!! Der Schrei reißt mich aus dem Tischschlaf. Einer meiner Söhne hat schlecht geträumt. Mühsam quäle ich mich aus dem Bett und schleiche durch das hell erleuchtete Treppenhaus (die Kinder sollen nachts ihren Weg zu unserem Schlafzimmer finden) in das Bett meines Sohnes. Genau genommen bette ich mein Haupt für den Rest der Nacht auf einer unbequemen Matratze, die genau zu diesem Zweck im Schlafzimmer meiner Jungen aufgebaut ist.

Natürlich übernimmt auch der beste Ehemann von allen solche Nachtschichten. Doch in Nicht-Coronazeiten ist er regelmäßig auf Geschäftsreise oder begleitet internationale Projekte, bei denen Telefonkonferenzen morgens früh anfangen und abends spät enden. An solchen Tagen (und noch manchen anderen) ist Mama dran.

Ich bin der Fels in der Brandung, die die immer da ist und auch zu den unmöglichsten Uhrzeiten kuschelt und tröstet. Dafür schenken mir meine Kinder die schönsten Momente, die ich mir niemals vorstellen konnte. Der Preis für dieses Nahesein und Erleben ist eine ungeheure körperliche Belastung. Ich habe physische Grenzen überschritten, die ich für unüberwindbar gehalten habe. Ich habe in Momenten weitergekuschelt, gekocht und getröstet, in denen ich kaum noch stehen geschweige denn klare Sätze formulieren konnte.

Werde ich ewig so weitermachen können? Natürlich nicht. Irgendwann wird mein Körper streiken und meine seelische Balance aus den Fugen geraten. Es ist also unabdingbar Verantwortung für mich selbst zu übernehmen. Ich bin schließlich ganz viele. Mutter, Ehefrau, Rechtsanwältin, beste Freundin und, und, und.

Auf diese Erkenntnis folgt die Frage. Wie kann ich als Mutter besser für mich selbst sorgen? Meine Tipps für ein ausgeglicheneres Mamasein liest auf den folgenden Seiten.

Warum bin ich nicht egoistischer?

Der erste Schritt mich zu ändern, war eine Analyse: Warum achte ich nicht besser auf mich selbst? Warum bin ich nicht egoistischer? Warum haue ich nicht auf den Tisch und fordere eine gerechtere Aufteilung der Care Arbeit zwischen meinem Mann und mir? Gibt es eine Stimme in mir, die sagt, du darfst nicht egoistisch sein, du bist schließlich die Mutter?

Tatsache ist, dass ich in einem Umfeld mit einer traditionellen Rollenverteilung groß geworden bin. Mein Vater hat gearbeitet. Meine Mutter war Hausfrau und Mutter. Ich wollte es besser mache und habe studiert. Ich arbeite mit vier Kindern. Das bedeutet Unabhängigkeit und Selbstbestätigung jenseits von Kindern, Küche, Kirche. Das bedeutet jeden Tag und jede Nacht einer mehrfachen Belastung ausgesetzt zu sein.

Trotz dieser offensichtlichen Emanzipation habe ich viel von der Rollenvorstellung und Rollenverteilung meines Elternhauses übernommen. Ich bin die Basis für Familie, mein Mann die Basis für unser finanzielles Wohlergehen. Ich möchte das Beste für meine Kinder. Ich möchte sie lieben, aber auch auf das Leben vorbereiten. Dazu gehört es auch, sie zu fördern. Emotional, motorisch, mit ihren ganzen Sinnen. Sie sollen spielen und sich sinnvoll beschäftigen, nicht zu viel fernsehen schauen und in Maßen mit dem Computer spielen.

Ambitioniert und gefährlich, solche hohen Erwartungen erfüllt man nicht einfach so. Egoistisch ist eine solche Einstellung bestimmt nicht. Selbstfürsorge für mich? Fehlanzeige.

Vielleicht liegt es an dem schlechten Ruf, das egoistisches Verhalten genießt, dass ich mich so schwer tue eine gesunde Portion Selbstfürsorge an den Tag zu legen.

Unter Egoismus versteht man laut online Definition eine „Haltung, die gekennzeichnet ist durch das] Streben, Vorteilen für die eigene Person zu erlangen, der die eigene Person betreffenden Wünsche zu erfüllen. ohne Rücksicht auf die Ansprüche anderer.“

Unter diese Definition fallen wohl die wenigsten Eltern. Nach meiner Erfahrung neigen insbesondere Mütter genau zu dem gegenteiligen Verhalten, Ihnen fehlt eher eine gesunde Portion Egoismus.

Menschen brauchen Pausen, um ihren Akku aufzuladen und Mütter sind Menschen. Der erste Schritt liegt darin, Auszeiten, Pausen und eigene Wünsche zu erfüllen, nicht als egoistisch zu begreifen, sondern als selbstverständlich und als Zeichen der Selbstfürsorge.

Wann, wo und wie lade ich als berufstätige Mutter und Ehefrau meinen Akku auf?

Nach der Analyse folgt mein Plan: Ich werde klare Regeln einführen und mehr Hilfe von außen annehmen. Regeln fallen nicht vom Himmel, jedenfalls keine sinnvollen. Auch Hilfe von außen will sorgfältig eingesetzt sein.

Wie lautet mein Plan für mehr Selbstfürsorge?

Die erste Frage an mich und vielleicht auch an dich lautet daher: Was brauche ich für mich selbst? Was ich für mich brauche, welche Ziele ich habe, wie ich leben möchte, halte ich auf einem Vision Board fest. Das Vision Board ist seit meiner zweiten Schwangerschaft ein fester Bestandteil in meinem Leben

Ich wollte mich selbst trotz einer Großfamilie nicht aus den Augen verlieren. Mich gibt es noch, auch wenn ich vier Kinder habe. Meine beruflichen und privaten Ziele halte ich auf dem Vision Board mit Bildern fest. Das Board steht so, dass ich es immer fest im Blick habe.

Als To-Dos für mich stehen auf meinem Vision Board.

  1. Herzenswünsche erfüllen
  2. Mehr Sport machen
  3. Mehr Lesen
  4. Mehr unternehmen

Herzenswünsche erfüllen

Ich habe mir fest vorgenommen, mir in meinem Leben bestimmte Wünsche zu erfüllen und bestimmte Dinge auszuprobieren. Zu meinen Herzenswünschen gehört auch dieser Blog. Schon seit Jahren möchte ich bloggen. Ich habe es vor mir hergeschoben und sehr zögerlich angefangen. Jetzt bin ich dabei!

Ganz oben auf meiner Liste steht außerdem wieder mehr zu reisen.  Ich möchte andere Länder und fremde Kulturen kennenlernen. Ich möchte wieder das Gefühl erleben nach einer langen Reise an meinem Ziel anzukommen, wo sich alles neu, fremd und aufregend anfühlt, anders riecht und sogar die Geräusche sich anders anhören als zu Hause.

Mehr Sport machen

Ooohhh! Was für ein schwieriges Thema! Ich gehe schon seit Jahren ins Fitnessstudio. Fitnessstudiobesuche sind in Coronazeiten schwierig oder gar unmöglich, stehen aber fest auf meiner To-Do-Liste mit festem Zeitfenster. Als Ausgleich gehe ich joggen, auch mit festem Zeitfenster. Meistens artet das Joggen eher in einen gemütlichen Spaziergang aus. Aber ich bin dran und werde berichten.

Mehr Lesen

Ich liebe lesen. Wenn ich lese, bin ich glücklich. Lesen ist für mich der absolute Ausgleich zu meinem stressigen Alltag. Trotzdem lese ich viel weniger als früher. Klar, ich habe vier Kinder und bin verheiratet. Hier wollen lebende Menschen mit mir ihre Zeit verbringen -kleine Menschen, die so schnell groß werden.

Immerhin lese ich jeden Abend im Bett, eine ganz besondere Zeit nur für mich, die ich mir nicht nehmen lasse. Früher habe ich überwiegend Krimis gelesen, heute lese ich auch Bücher übers Aufräumen und Gärtnern. Ratgeber über DIY-Projekte und Basteln mit Kindern stehen ganz oben auf meiner Liste. Ebenso bieten sich Bücher über Ausflüge in die Natur an, zumal Wiesen und Felder kurz hinter unserer Haustür anfangen. Diese Abenteuer in unserer unmittelbaren Umgebung (und das Träumen davon) sind zu einem wichtigen Ausgleich für mich geworden.

Leider bin ich oft so müde, dass ich nicht mehr in ein Buch „eintauchen“ kann, um völlig in eine andere Welt zu entschwinden. Mein Ziel: So viel Zeit, dass ich richtig in ein Buch eintauchen und für ein paar Stunden in einer anderen Welt sein kann.

Mehr Unternehmen

Ich bin unternehmungslustiger Mensch. Ich liebe es neue Orte zu entdecken und neue Menschen kennenzulernen. Das ist mit Kindern nicht immer einfach. Lange Autofahrten und Hotelübernachtungen können mit Kindern zu einer quälenden Tortur ausarten. Trotzdem sind Urlaube und Ausflüge in die Umgebung für mich ein notwendiges Lebensexilier. Gerade jetzt in einer Pandemie lechze ich nach Abwechslung und sei es nur eine Wanderung in der näheren Umgebung.

Bis jetzt nehme ich zu diesen Ausflügen immer meine Kinder mit. Genaugenommen orientiere ich mich an den Wünschen meiner Kinder und nicht an meinen eigenen. Ist das dann noch eine Auszeit für mich. Einerseits ja, ich erlebe etwas und habe Weggefährten. Auf der anderen Seite mache ich nicht das, was nur ich selbst möchte.

Das muss besser werden! Irgendwann nach Corona, wenn die Betreuungszeiten in der Kita wieder normal sind, werde ich mir wenigstens einmal im Monat ein paar Stunden für mich freischaufeln, um ein Abenteuer nur für mich selbst zu erleben.

Fazit

Was bleibt also Fazit von diesem Artikel, bevor ich meine Kinder aus der Kita abhole? Mütter dürfen nicht nur egoistisch sein, sie müssen sogar, um zu überleben. Planen ist das halbe Leben und hilft, die Bedürfnisse aller unter einen Hut zu bringen. Tja, und jetzt muss ich mich nur noch an meinen eigenen Plan halten…

Wie sieht es bei dir aus? Lebst du noch oder wieder? Hast du genug Zeit für dich?

 

Wer noch tiefer einsteigen möchte:

Bücherempfehlungen (unbezahlte Werbung)

Das Handbuch für fast alles: Alles für ein schönes Zuhause: organisieren, reparieren, dekoriere, selber machen, Gäste empfangen, gärtnern, renovieren

Von Martha Stewart

 

1000 Places to see before you die

Von Patricia Schultz

 

Ausgebüxt!: Mikroabenteuer mit Kindern. Natur spielend entdecken – Familienzeit intensiv erleben  – Urlaub anders denken

Von Jana Heck und Patrick Heck

 

Das Beitragsbild ist von Lisa von Pixels. Die beiden anderen schönen Fotos von Kaboompics.